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ZAUBERPILZE bei uns: Geschichte

Halluzinogene Pilze, von den Urvölkern zumeist bei spirituellen Zeremonien verwendet, zählen wohl zu den ältesten Drogen der Menschheit, weit vor der Entdeckung des Alkoholes, schlechthin. Das altgermanische B ier zum Beispiel enthielt abweichend vom späteren bayrischen Reinheitsgebot neben etwa 2% Alkohol zudem als psychoaktive Substanzen Bilsenkraut, Taumellolch und Zauberpilze. Noch im Mittelalter wurden Pilzen bei uns mystische und dämonische Kräfte zugewiesen (s. Ausdruck Hexenringe), an denen in anderen Kulturkreisen, wie bei verschiedenen Stämme in Sibirien und Südostasien und Indianern Zentral-Mexikos bis in dieses Jahrhundert hinein festgehalten wurde. Letztere benutzten die heiligen Pilze (teonanacatl = Fleisch der Götter) nur zu besonderen Anlässen (stets nach Sonnenuntergang); dies konnten spirituellen Sitzungen sein, aber auch eine Befragung über das Schicksal (Orakel) eines Kranken oder über den Verleib eines gestohlenen Esels, welche stattfand, nachdem ein Schamane die entsprechenden hellseherischen Kräfte nach Pilzverzehr erworben hatte.1955 entdeckte R.G. Wasson (USA) die Zauberkraft der Pilze bei einem Pilzritual in Mittelmexiko für die "zivilisierte" Welt neu; die Gattungs - und Artbestimmung erfolgte 1956/57 durch die Mykologen R. Heim und R. Singer. Die Isolierung und Identifizierung der psychoaktiven Substanzen gelang schließlich 1958 Albert Hofmann, dem Entdecker des LSD, bei der Sandoz AG in Basel: er nannte sie Psilocybin und Psilocin (nach der Pilzgattung Psilocybe). In den frühen 60er Jahren wurde dann Psilocybin in den USA und später weltweit als Medikament in der Psychoanalyse und Pyschotherapie eingesetzt.
Umfangreiche Studien (u.a. mit Strafgefangenen und Theologiestudenten) hatten zuvor gezeigt, daß regelmäßiger Konsum von Psilocybin Depressionen und Agressionen abbautbsowie soziale Verantwortung fördert.
Ab 1965 begann sich die aufkommende Hippie - und Protestbewegung in den USA außer für LSD auch für Psilocybin bzw. Pilze zu interessie ren. Der daraufhin einsetzende Druck einer hysterischen Presse auf den wahlentscheidenden puritanischen Mittelstand, einer Presse, die wahre Horrorszenarien über die angebliche Gefahr der Halluzinogene beschwor (auch das bekannte Magazin "Time"), und der Einfluß reaktionärer und Angstschürender Politiker führte schließlich im Jahre 1966/67 zum Verbot der Halluzinogene (LSD, Meskalin, Psilocybin) in den USA. Um den "gefährlichen Rauschgiftpilzen" beizukommen, wurde in einzelnen Fällen sogar vor dem Einsatz von Fungiziden nicht zurückgeschreckt. Unter maßgeblichem Einfluß der USA wurden diese Substanzen dann in die Liste der besonderes gefährlichen Stoffe des internationalen Abkommens über psychotrope Substanzen (UNO Single Convention on Narcotic Drugs) gesetzt; damit war auch der Umgang mit der vermutlich ältesten Kulturdroge der Menschheit - den Zauberpilzen - in den meisten Staaten kriminalisiert. Mit dem Ersatz des alten Opiumgesetzes durch das neue Betäubungsmittelgesetz (verfasst von einer sozial-liberalen Bundesregierung) wurden diese Halluzinogene 1971 schließlich auch in der BRD in die Illegalität abgedrängt, wenn auch psilocybinhaltige Zauberpilze und meskalinhaltige Kakteen in Deutschland noch "legal" sind, was sich aber nach Plänen der Bundesregierung demnächst grundlegend ändern soll*.
Seit den 70er Jahren lernten immer mehr Europäer Zauberpilze bei Reisen in die Tropen kennen. Als bekannteste Ziele für Pilzreisende gelten hierbei Südostmexiko, Koidakanal in Südindien, Pokhara in Nepal, die Inseln Ko Samui und Ko Phangan in Thailand, Sumatra mit dem Toba See, Bali und Lombok in Indonesien und die Insel Boracay in den Phillipinen. Im "Midnight Oil" (Kuta, Bali) konnte man z.B. für umgerechnet 10 Mark ein Special Mushroom Omelett oder andere Pilzgerichte von der Speisekarte bestellen. Da freiwachsende Pilze bei uns nicht immer verfügbar sind, werden seit etwa zehn Jahren psychoaktive Pilze auch im eigenen Keller oder Garten kultiviert. Insbesonders in den USA und in Holland sind teilweise schon regelrechte Pilzfarmen entstanden, die auch Brutmaterialien für die Pilzheimkultur der "Hobbymykologen" liefern.

{*Mit Urteil vom 25. Oktober 2006 des Bundesgerichtshofs ist der Besitz von und Handel mit psychoaktive Pilzen, unabhängig von zum Beispiel ihrem Trocknungsgrad oder dem Zweck des Besitzes (mit eng begrenzten Ausnahmen, beispielsweise zum Zweck pilzkundlicher Sammlungen), in Deutschland strafbar.}

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